Herbst und Winter sind traditionell nicht nur eine Zeit für Reflektion und Einkehr, sondern auch eine gute Gelegenheit für den Herbstputz. Das hat gar nicht so viel mit Saubermachen zu tun, sondern vielmehr geht es darum, das Zuhause (und den Garten) auf den Winter vorzubereiten. Der Jahreszyklus tritt in die Ruhepause vor der Erneuerung ein. Die Natur macht es vor – wirft Ballast ab, konzentriert sich auf das Wesentliche. Im Spätherbst geht es darum, das Jahr gut zu Ende zu bringen. Vielleicht ist es an der Zeit, über minimalistische Weihnachtsdeko nachzudenken. Oder sich einen „Capsule Wardrobe“ für den Winter zusammenzustellen.
Eine Bestandsaufnahme bietet sich an, bei der man sich vor Augen führt, was man eigentlich alles besitzt. Was man alles braucht, und was nicht. Das kann zu einer Entrümpelungsaktion und zu mehr Minimalismus führen, „decluttering“ auf Neudeutsch, oder schlicht dazu, die Dinge neu wertzuschätzen – auch das eine wichtige Voraussetzung für gelebten, nachhaltigen Minimalismus.
Bei uns heißt das, dass wir Dinge vom Speicher holen, die wir beim Frühjahrsputz weggeräumt hatten – unser Leben spielt sich im Frühjahr und Sommer weitgehend draußen ab. In den Kisten sind natürlich die kuscheligen Winterpullis, die man wie alte Freunde wiederbegrüßt. Aber auch andere Gebrauchsgegenstände, die ihren Platz in unserem Leben wieder einnehmen dürfen und damit den Winter einläuten. Und damit meine ich nicht nur die Keksausstecher und Weihnachtsdeko.
Wir haben einen Leitsatz: „Nicht verschwenden, wiederverwenden“. Das klingt ein bisschen nach unseren Großeltern und ist genau besehen tatsächlich eine zeitlose Qualität. Natürlich klappt das manchmal besser und manchmal nicht so gut. Mit der Dachboden-Routine sind wir aber ziemlich zufrieden. Ungenutztes vorübergehend wegzuräumen schafft Raum in unserem Leben, den wir gar nicht unbedingt mit anderen Sachen füllen möchten. Es zeigt uns, was wir wirklich brauchen, und wann. Es hilft uns, die Dinge mit neuen Augen zu sehen, und sich wieder daran zu erfreuen. Kleinigkeiten werden repariert oder umgestaltet, und dann ist der Pulli eben beides, ein alter Freund und trotzdem ‚neu‘. Einiges haben wir fast vergessen, in den Monaten, in denen die Dinge auf dem Dachboden geschlummert und auf ihren Wiedereinsatz gewartet haben. Das ist in Ordnung, wenn wir aber feststellen, dass wir etwas wirklich gar nicht vermissen oder nicht so recht wissen, was wir damit anfangen sollen, wenn es wieder in der Rotation auftaucht, suchen wir gern neue Besitzerinnen dafür.
Für unsere große Tochter heißt das auch, altes Spielzeug neu zu entdecken. Wir räumen regelmäßig einen Teil ihrer Spielsachen auf den Speicher, und nach dem Winter auch all die, die im Sommer eh nicht zum Einsatz kommen. Wenn sie im Herbst wieder heruntergeholt werden, ist die Freude groß. Die meisten Kinder (und Erwachsenen, machen wir uns nichts vor) sind von der Flut an Spielsachen eher überfordert. Ein Rotationsprinzip fördert Kreativität und Einfallsreichtum, unterstützt eine minimalistische Lebensweise, die auch mit Kindern absolut möglich ist, und macht es möglich, dem Kind etwas ‚Neues‘ zu geben, ohne mehr anzuhäufen. An manches erinnert sich die Tochter bestimmt, das ist ihr aber herzlich egal. Nach einem halben Jahr entdeckt sie alles auf ihre Weise wieder neu, ob es das nun wirklich ist oder nicht.
Wir Menschen gewöhnen uns ja furchtbar schnell an alles Mögliche – das ist einerseits hilfreich und andererseits problematisch, im Großen wie im Kleinen. Die Dachbodenrotation hilft unserer Familie bei der Wertschätzung unserer Habseligkeiten. Und gleichzeitig haben wir zweimal im Jahr das Gefühl, dass wir gerade einen Teil unseres Haushalts erneuert haben. Eine Routine, die wir nicht missen möchten.