Das Stillen an sich ist ja eine ungemein praktische Sache. Die Babynahrung immer dabei, ganz zeitgemäß quasi to-go, die Garantie, dass das Kind genau das bekommt, was es braucht – und für die Mutter-Kind-Bindung ist es auch prima. Nicht ganz so praktisch ist das Gefummel, wenn alles irgendwohin verrutscht und frau ihren Busen nicht unbedingt der ganzen Welt offenbaren möchte. Oder wenn das Baby alles andere wahnsinnig spannend findet und jedes tanzende Blättchen und jeder klirrende Löffel vom Trinken ablenkt.
Stillen in der Öffentlichkeit wird in Deutschland nach wie vor kritisch diskutiert und oft missbilligend beäugt. Vor Hunger schreiende Babys natürlich genauso. Dass eine Mutter aber auf die Bedürfnisse ihres Kindes unmittelbar reagiert und ihm auch in der Öffentlichkeit die Brust gibt, finden viele anstößig – zumindest, wenn die dabei sichtbar ist. Deutschland ist, laut einer Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, nur „moderat stillfreundlich“.
Ich bin ja gerne Frau. Und ich bin auch gerne Mutter. Das Stillen war etwas Besonderes für mich und eine Zeit, die mich viel gelehrt hat. Ich bin genauso gerne Selbständige, Reisende, so unabhängig wie möglich und mobil. Ich genieße die Freiheit, mein Leben so zu gestalten, wie ich und meine Familie es brauchen. Egal, wo das ist. Ich bin gerne mit meiner Familie unterwegs, weil es ja wirklich viel zu entdecken gibt, in dieser Welt. Und gerade, weil diese Welt ziemlich großartig ist, möchte ich dazu beitragen, dass mein Kind auch später noch etwas von ihr hat.
Die meisten Frauen, die ich kenne, empfinden das ähnlich. Ein Kind ist keine Einschränkung deiner Mobilität. Im Gegenteil, es fordert dich heraus, noch kreativer und einfallsreicher zu werden. Es öffnet dir aber auch die Augen für Wesentliches. Der Begriff Nachhaltigkeit, der uns ständig um die Ohren fliegt, erhält eine ganz neue Bedeutung als Mutter. Meine Tochter soll nicht nur tolle Erinnerungen an schöne Orte haben, sondern auch die Möglichkeit, diese selbst erneut zu erleben.
Ich persönlich möchte bewusste Entscheidungen treffen und mit meinem Konsumverhalten Einfluss nehmen – wie viel wir gerade durch unsere Einkäufe bewirken können vergessen wir oft. Dabei ist weniger wirklich mehr: Minimalismus als Lebenseinstellung macht erstaunlich frei, das wissen wir spätestens seit Marie Condo. Dazu muss man aber nicht gleich das ganze Haus umkrempeln und sich auch nicht automatisch mit der unansehnlichen aber dafür ach-so-praktischen Variante zufrieden stellen.
Ganz im Gegenteil: die Entscheidung für Dinge, die mehrere Funktionen erfüllen, lange halten, aus einer zuverlässigen Quelle stammen und auch noch gut aussehen, ist eine bewusste und eine, die sich richtig gut anfühlt. Und weil sich meiner Meinung nach viel von dem Selbstverständnis einer Mutter in ihrer Beziehung zum Stillen ausdrückt, war ein multifunktionaler Stillschal einer meiner ersten Artikel.
Ich wollte ein Produkt, das einer Mutter und ihrem Kind Intimität und Geborgenheit gibt und sie gleichzeitig unabhängig von den Umständen und Ansichten ihrer Umgebung macht. Es sollte ein Teil sein, das nicht ständig verrutscht, wenn man es über Brust und Babygesicht breitet, so dass das Stillen tatsächlich ein Moment der Gemeinsamkeit und Ruhe werden kann. Die meisten Notbehelfe wie Spucktücher und Ponchos sind eben genau das: Notbehelfe. Entweder sie halten mehr schlecht als recht, oder die Mutter kann das Baby gar nicht sehen, während sie es stillt. Eine große Schlaufe ist dagegen fast wie eine liebevolle Umarmung für beide, vor allem, wenn sie aus weicher Biobaumwolle ist.
Mir war wichtig, dass der Schal nachhaltig und lokal produziert ist. Aber ich wollte noch mehr: mindestens zwei weitere Funktionen und dazu auch noch meinem Sinn für Ästhetik gerecht werden. Das Schöne an der Sache: der Schal regt dazu an, kreativ zu werden, und ich freue mich jedes Mal, wenn eine Kundin mir schreibt, wozu man ihn noch verwenden kann. Als Sonnensegel oder Hygieneschutz, und sicher viel mehr. Und dann ist der Schal eben auch als genau das tragbar – als modisches Accessoire einer mobilen, bewussten, unabhängigen Frau. Eine Lebenseinstellung eben.