Auf Neudeutsch heißt ausmisten „decluttering“. Dahinter verbirgt sich eine Philosophie, die mit Werten und Minimalismus zu tun hat. Damit, was Freude bringt und was uns belastet, im materiellen wie mentalen Bereich. Damit, dass wir als durchschnittliche Verbraucher weitaus mehr haben als nötig. Und meistens viel mehr als wir denken – hast du schon einmal gezählt, wie viel du eigentlich besitzt? Und wie viel davon du wirklich nutzt?
Es geht um die Befreiung von überflüssigen Dingen, um mehr Raum für Klarheit und Struktur zu gewinnen, im Kleiderschrank genauso wie in anderen relevanten Bereichen des Lebens. Wer die Bude vollgestopft hat mit unnötigem Kram, kriegt auch den Kopf nicht frei, das wissen wir schon, seit in den 90ern die fernöstliche Harmonielehre Feng Shui zum Trend wurde.
In den letzten Jahren hat sich Marie Kondo als Großmeisterin des Ausmistens einen Namen gemacht. Ihr internationaler Erfolg beweist, dass wir in unserer konsumorientierten und auf Wirtschaftswachstum geeichten Gesellschaft tatsächlich ein Problem des ‚zu viel‘ haben. Da die wenigsten Dinge mehr als eine Funktion haben, brauchen wir für alles und jedes ein eigenes Teil. Oder nicht? Und was tun mit all dem Unnützen, Überflüssigen oder Nicht-Gebrauchten?
Die klassische Lösung ist, alles Aussortierte einfach wegzuwerfen. Das ist allerdings weder zeitgemäß noch nachhaltig. Alles kommt irgendwo her und geht irgendwo hin. Und damit übernehmen wir Verantwortung, nicht nur für das, was wir uns neu zulegen, sondern auch für das, was wir aussortieren.
Dabei ist das Entrümpeln selbst oft schon emotionaler Stress. Die Auseinandersetzung mit seinen Besitztümern bringt vieles ans Tageslicht, das vielleicht gar nichts mit dem Ding an sich zu tun hat. Und wenn es darum geht, Sachen mit emotionalem Wert auszusortieren, kämpft man meistens nicht nur mit der Entscheidung, sondern auch mit dem schlechten Gewissen. Loslassen, sich seiner Bedürfnisse klar werden und sich eingestehen, dass auch für Dinge die richtige Zeit irgendwann vorbei ist, kann unglaublich befreiend sein.
Bevor wir darüber sprechen, wie man den aussortierten Sachen noch einen Sinn geben kann, liste ich dir hier erst mal verschiedene Möglichkeiten auf.
Manche schwören auf eine sogenannte ‚Challenge‘. In Absprache mit anderen wird über einen bestimmten Zeitraum hinweg aussortiert, beispielsweise jeden Tag eine festgelegte Anzahl an Gegenständen. Die Fortschritte und Erfolgserlebnisse werden dann mit den anderen in der Gruppe geteilt.
Alle Wohnräume werden Stück für Stück überprüft, einschließlich des Inhalts von Regalen und Schränken. Brauche ich das noch? Macht es Sinn? Bringt es mir Freude? Wenn nicht, bedanke dich für die Dienste, die es dir geleistet hat, und lege es zur Seite. Bei dieser Methode sollte man allerdings darauf achten, dass man die Dinge nicht von einem in den nächsten Raum räumt.
Diese systematische Methode hat sich bewährt. Dabei wird alles aus einer Kategorie (zum Beispiel Kleidung oder Bücher) auf einen Haufen geworfen und dann Stück für eine Entscheidung getroffen. Wie oft nutze ich dieses Teil wirklich? Welchen Wert hat es für mich? Achtung: „irgendwann“ kommt selten…
Nach dem erfolgreichen Entrümpeln wartet die nächste Herausforderung. Wohin nun mit dem Zuviel? Bewusst mit Besitz umzugehen bedeutet auch, nur in den (entsprechend sortierten) Müll zu werfen, was wirklich defekt ist.
Nachhaltige Lösungen sind gefragt: umwidmen, recyceln, upcycling. Um geeignete Abnehmer zu finden, kann man Kleidertausch-Parties mit Freund*innen veranstalten oder im privaten Kreis Bedarf abfragen. Oder online auf vielen Plattformen verkaufen und verschenken.
Außerdem gibt es in jeder Stadt Sozialwarenhäuser, deren Verkaufserlös einem wohltätigen Zweck zugutekommt. Wenn du recherchierst, findest du sicher auch Wohltätigkeitsbazare, Kinder-, Flüchtlings-, Obdachlosen- oder Tierheime, die sich über gut erhaltene Sachspenden freuen. Und dann ist da noch der gute alte Flohmarkt!
Und wie kannst du eine minimalistischere und bewusstere Lebensweise beibehalten? Abgesehen von regelmäßigen Ausräumaktionen fängt das bei der Neuanschaffung an. Überlege dir bei jedem Teil, wie sehr und warum du es brauchst. Erfüllt es mehrere Funktionen oder nur eine bestimmte? Kannst du es vielleicht gegen etwas eintauschen, was du bereits hast und nicht brauchst?
Ein reduziertes und entrümpeltes Leben muss man vielleicht ein bisschen üben. Aber es lohnt sich!